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  Meetingpoint - Tourneetagebuch  
     

Sayonara Nippon!

Die Chamber Soloists Lucerne (Yang Jing, Pipa, Thüring Bräm, Komponist und Pianist, Jürg Eichenberger, Violoncello) folgten im August 2006 einer Einladung des renommierten japanischen Komponisten Minoru Miki an das „Hokuto International Music Festival“. Die Konzerte in Otsuka, Obu und Hokuto wurde von japanischer Seite vollumfänglich finanziert.

Tagebuchnotizen von Jürg Eichenberger

Montag, 14. August 2006
Nach 12’000 km japanisches Festland in Sicht! Die ersten Inseln erscheinen, und wir landen nach 15 Stunden Flug auf dem Kansai-Airport (Kan-ku) in Osaka.
Das Visa-Problem wird durch unsere Pipaspielerin Yang Jing elegant gelöst. „Wir sind Touristen und besuchen das Awa Dance Festival in Tokushima. Kein Problem, hay,hay arrigato godsaimaschta (ja, ja, danke schön). Auf der Herrentoilette Beethovens Klaviersonate „Appassionata“. Wir sind begeistert!

Eine über vierstündige Busfahrt führt uns der Küste entlang auf die Halbinsel Shikoku, nach Tokushima. Südliche Wärme schlägt uns entgegen. Der Komponist Minoru Miki und seine Frau erwarten uns im Clement Hotel. Die ganze Stadt ist vom Tanzfieber wie elektrisiert.

Um 16.00 sind wir als Gäste eingeladen, einer ausgewählten Awa Dance Performance (Awa Odori) im Tokushima Cultural Center beizuwohnen. Ein kostümiertes Bewegungs- und Farbenspiel par exellence.

Am Abend Einladung von Mr. Takahara zu einem traditionellen japanischen Nachtessen (Miso soup, Sushi, Saschimi etc.) mit den CSL, den Mikis und Mitgliedern der Tokushima Koto-Gruppe (japanische Harfe). Im Anschluss ausgelassener Tanz mit Fächer (gegen die Hitze) an der Awa Dance Prozession in der Stadt.

Dienstag, 15. August 2006
Fahrt zum Otsuka Guest Hotel (traditionelles japanisches Hotel) in Naruto. Es steht vis à vis vom Otsuka International Museum und liegt direkt am pazifischen Ozean.
Von 14.00 bis 16.00 Probe in der Sistina Hall des Museums: Einzueins-Abbild der Sixtinischen Kapelle von Michelangelo.
17.00 Konzert mit Werken von Bach, Fauré, Bräm, Miki, Beethoven und Trioarrangements für Pipa, Violoncello und Klavier. Eine Standing Ovation und ein vor Begeisterung tanzendes Publikum. Wo erlebt man so etwas? Das Bühnengeschenk: ein Awa Dance T-Shirt!
Am Abend sind Ehrenplätze reserviert via „Tokushima News Paper“ auf der Haupttribüne in Tokushima City für die Awa Dance Hauptprozession. Die traditionellen Gewänder, die Klänge und Rhythmen der Instrumente, der Farbenreichtum und die natürliche Beweglichkeit und Ausgelassenheit der sonst sehr zurückhaltenden Japaner geht uns allen unter die Haut.

Mittwoch, 16. August 2006
Freier Tag im Otsuka Guest Hotel.
Besuch des Otsuka International Museum. Spezialität: Bilder der grössten Maler unserer Kulturgeschichte von den Anfängen bis in die Gegenwart sind mit einem speziellen fototechnischen Verfahren in Form von Keramikplatten im Massstab 1:1 wiedergegeben. Die Perfektion der Kopie begeistert. Eine fantastische Bildung für die Menschen an Ort und Stelle.

Donnerstag, 17. August 2006
Vierstündige Reise mit dem Shinkansen nach Nagoya.
Längere Taxiirrfahrt in die Kuchinashi Concerthall von Obu City.
Um 18.30 Konzert und Fernsehaufnahme durch das NHK Nippon im Obu Kinro-Bunka Kaikan (Ausstrahlung am 16.September 2006).

Freitag, 18. August 2006
Zugreise in die Berge von Hokuto.
Am Nachmittag Probe „For you 2“ vonThüring Bräm und „East Arc“ von Minoru Miki mit den Chamber Soloists Lucerne und den japanischen Musikern Makoto Aruga, Percussion, Akira Takanashi, Marimba und Kioko Miki, Violine (studierte bei Günther Pichler vom Alban Berg Quartett).
Anschliessend gemeinsame Probe der CSL und des Asia Ensembles: Yang Jing mit der chinesischen Laute, der Pipa, Fei Jian Rong mit dem Da San Xian, einem 3-saitigen Zupfinstrument mit sehr langem Hals, schlangenhautbespanntem Korpus und banjoähnlichem Klang, Ayush Bat-Erdene mit dem Matovchin, einem 2-saitigen mongolischen Streichinstrument, in Klang und Form (kleiner viereckiger Holzresonanzkasten) dem Urcello (16. Jh.) gleichend. Stimmung der aus Pferdedärmen gefertigten Saiten: f und h (kleine Oktave). Der Shakuhachispieler Seizan Sakata und Reiko Kimura (Koto) vervollständigen dieses hochkarätige, asiatische, Welten verbindende Ensemble. Geprobt werden gemeinsam Mikis Wa-Variationen („gemeinsam“, „zusammen“, „Harmonie“), in welchen frei improvisierte Kadenzen von uns allen wie auch Assoziationen an Mozartthemen von Cello und Klavier Platz haben. Ein tolles Experiment!

Um 19.30 Eröffnungskonzert des Hokutofestivals durch die Chamber Soloists Lucerne in der Nagasaka Community Hall. Umrahmt wird unser Hauptprogramm von zwei Kompositionen Minoru Mikis: Autumn Fantasy für Shakuhachi (japanische Bambusflöte) und Koto (japanische Harfe), gespielt von der hervorragenden Reiko Kimura auf einem 21-saitigen Instrument. Die Tonhöhe wird häufig durch Saitendruck und Stegverschiebung (zugehörig zu jeder Saite) erreicht. Das Aura-J Ensemble (traditionelles japanisches Orchester) unter der Leitung von Marty Regan spielt als Schlusspunkt die „Four Seasons“ von Miki.

Samstag, 19. August 2006
Wir befinden uns in einem japanischen Ferienhotel. Keine Dusche auf dem Zimmer, dafür ein grossräumiges japanisches Gesellschaftsbad. Drei verschiedene Bäder, nach Temperatur abgestimmt, und grosszügige Duschmöglichkeiten. Man begibt sich im Yukata (Pyjama und Bademantel zugleich) dorthin. Schlicht ein Erlebnis. Man fühlt sich wie neugeboren. Männer und Frauen strikte getrennt, notabene.
Von 11.00 bis 13.00 Komponisten-Symposium in der Konzerthalle mit Minoru Miki, Thüring Bräm, Daniel Womack aus Honolulu, seiner Schülerin Yoko Sato, dem Japaner Shuko Mizuno und Marty Regan als Übersetzer. Da treffen Welten treffen aufeinander! Verbindung zwischen Ost und West. Worldmusic? Am überzeugendsten ist Kammermusikalisches, wo Dialoge und auch die feinen, traditionellen Instrumente wie das Shakuhachi hörbar sind.
Am Nachmittag Probenarbeit. Um 19.30 Konzert mit dem Asia Ensemble.

Sonntag, 20. August 2006
Ab 9.00 Probe, ab 14.00 Generalprobe. Um 17.00 grosses Schlusskonzert mit allen Beteiligten. Galaparty und Abschlussfest mit dem ganzen Dorf.

 

Das internationale Hokutofestival war ein Grosserfolg, mit vielen Besucherinnen und Besuchern aus Tokyo und Umgebung. Die Gastfreundlichkeit und Herzlichkeit der Japaner hat uns einmal mehr tief beeindruckt. In England ist es die Gestalt des Gentleman, in Japan das Bushido (die edle Haltung des Samurai).
Sayonara!