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Neue Luzerner Zeitung, Freitag, 18. Januar 2008

Szenenwechsel

Klassik mit Ländlergroove

Das Festival Szenenwechsel ermöglichte einen genüsslichen Flirt der Klassik mit Volksmusik. Und zeigte, dass der umgekehrte Weg schwieriger ist.

Von Urs Mattenberger
Nach konventionellem Start bewies das Festival Szenenwechsel am Mittwoch, wie inspirierend die angestrebten Crossover-Projekte sein können. Da begann im praktisch vollen Marianischen Saal die Begegnung zwischen Klassik und Volksmusik mit einem ganz stillen und ganz lauten Urknall.
Der stille war die musikalische „Postkarte“ aus dem Bündnerland, in der der Komponist Thüring Bräm das Schlaflied „Dorma Bain“ aus Schubert’scher Klangmagie in einen musikalischen Tiefschlaf überführte. Wenn die Chamber Soloists Lucerne (in Streichquartett-Formation) zum Schluss mit den Bögen stumm über die Saiten strichen, ahmte das nicht nur Wiegenbewegungen nach. Auch das Licht im Saal erlosch, und aus der Dunkelheit heraus brach wie ein Urschrei der erste Hornstoss aus Heinz della Torres gewaltigem Tierhorn.

Hoch gesteckte Erwartungen
Das war ein doppelt spektakulärer Auftakt, der mit waschechter Ländlermusik in die Realität zurückführte: Wenn in Ueli Mosers „Malojawind“ das Akkordeon der Volksmusikerin Claudia Muff und Jürg Eichenbergers Cello um die Wette wirbelten, fanden Klassik und Volksmusik genüsslich zusammen.
Damit waren die Erwartungen hoch gesteckt – so hoch, dass sie der weitere Abend nicht immer erfüllen konnte. Da bewährte sich zwar die Idee, die Stationen dieser „Reise durch die Schweiz“ (Jürg Eichenberger) durch Stücke aus Bräms „Postcard“-Reihe zu gliedern. Denn sie spielten witzig mit Volkslied-Klischees, von der Kuck-Motorik in „L’inverno è passato“ bis zu Klängen, die wie Chos in den Bergen hängen blieben. Und in Volksmusikstücken von Kasi Geisser und Ulrich Alder wurde der Kontrast zwischen süffigen Streicherklängen und kristallklar aufblitzender Akkordeon-Virituosität immer wieder reizvoll ausgekostet.

Jam-Session um Schluss
Daneben aber lag der Akzent einseitig auf Werken, in denen Klassik-vertraute Komponisten sich mit Volksmusik auseinandersetzten. Da fand der Crossover etwas akademisch in den Kompositionen statt und nicht in der Begegnung auf der Bühne. Typisch war, dass die Vorlagen für gemeinsames Musizieren aus der Volksmusik stammten. Und selbst da gaben vor allem die Klassiker den Ton an und blieben die Volksmusiker zu sehr im Hintergrund. Ebenso spannend wäre gewesen, wie sie sich umgekehrt klassische Partituren aneignen – etwa sie aus dem Programm gekippten Walzer von Schubert.
Die Ausnahme bildete die Zugabe: Da verschmolz eine Komposition der Geigerin Patrizia Pacozzi frei nach Bach Barock-Motorik mit Ländlergrooves, mit dem Schwung einer spontanen Jam-Session über die Stilgrenzen hinweg. So war der Abend ein viel versprechender Anfang für künftige Szenenwechsel. Dass es noch viel braucht, bestätigt Claudia Muff: “Eigentlich steht die Begegnung jetzt erst am Anfang“, sagte sie vor dem Endproben zum Konzert.